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Donnerstag, 28. März 2013

Ausrüstung - Der Sattel


Die Überschrift ist etwas irreführend, denn ich möchte hier die Lanze für den Einsatz eines Pads mit Voltigiergurt brechen. Ich verwende diese Kombination sowohl in der Therapie, als auch im Unterricht. Sie hat im Vergleich zu einem Sattel in der Arbeit mit Kindern einige Vorteile.
Der erste ist ganz klar die Sicherheit. Der Voltigiergurt biete große Bügel zum Festhalten, was bei ungeübten Reitern der erste Reflex bei Unsicherheit ist. Im Gegensatz zu Vorderzwiesel oder Zügeln (!) kann man sich an den Bügeln wirklich halten und ein Abrutschen verhindern.

Der Voltigiergurt sollte unbedingt einen Stahlkern (!) haben, da die Kissen sonst extrem auf die Wirbelsäule drücken und gut gepolstert sein. Bitte darauf wirklich achten, schnell hat man sonst ein Pferd mit Sattelzwang!
Außerdem ermöglicht ein großes Pad es den Kindern, einen losgelasenen Sitz zu entwickeln und einen engen Kontakt zum Pferderücken zu spüren, was dazu führt, dass sie den Moment des richtigen Treibens viel besser erspüren können. Den meisten gelingt das verblüffend schnell.
Das Fehlen von Steigbügeln ist in dieser Phase eher ein Bonus als ein Manko, denn wer damit beschäftigt ist, nach Bügeln zu angeln, gibt automatisch den ausbalancierten Sitz auf und rutscht auf die Oberschenkel.

Im therapeutischen Kontext ermöglicht das Reiten mit Pad eine größere Bewegungsfreiheit, die Kinder können sich auf das Pferd legen, rückwärts reiten, zu zweit Übungen durchführen, und so weiter.

Als Zwischenlösung für kleine Kinder, die auf großen Pferden reiten, und die zum Beispiel anfangen, das Leichttraben zu lernen, hat sich der Lammfellsattel bewährt.
Steigbügel können angebracht werden, aber die Kinder sitzen nicht auf einem Sattel, der für viel größere Hinterteile gemacht wurde. Der enge Kontakt zum Pferd bleibt erhalten.

Allerdings ist zu beachten, dass das Gewicht des Reiters durchaus eine Rolle spielt. Große oder schwere Reitanfänger sollten mit Rücksicht auf den Pferderücken - dessen Gesundheit aller therapeutischer Überlegung voranzustellen ist - mit Sattel reiten. 

Montag, 25. März 2013

Gedanken zur Einstellung


Seltsamer Titel? Vielleicht. Wahrscheinlich wird jeder, der seine Zeit mit Pferden verbringt, das freiwillig tun, und zwar, weil er sich zu ihnen hingezogen fühlt, also eine positive Einstellung zu Pferden hat. Seltsamer Titel!

Neulich in der Reitstunde...

Eins meiner Mädels, die Pferde sehr gerne mag, und auch schon recht gut mit ihnen umzugehen versteht, führte nach der Stunde ihr Pferd aus der Halle und weil es etwas geschwitzt hatte, legte ich eine Decke auf. Daraufhin die Kleine:  " Wird sie nochmal benutzt?" Ich etwas verwirrt " Was meinst Du, die Decke? Die benutzen wir nur für Joy, das ist ihre Decke".  "Nein, wird Joy nochmal benutzt?"
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde den Gedanken, dass wir Pferde "benutzen" nicht sehr ansprechend. Bitte denken Sie kurz darüber nach, wie es Ihnen geht, wenn Sie sich "benutzt" fühlen. Ich unterstelle, nicht sehr gut.
Diese spontane Formulierung eines pferdeliebenden Mädchens halte ich für wert, ein paar Gedanken anzustoßen. Interessanterweise kam das Thema in der gleichen Woche nochmal auf, wie das ja immer so ist, mit Dingen, denen wir Aufmerksamkeit schenken.
Ich hatte mit einem Therapiekind eine Stunde als Führtaining, statt wie sonst Reiten aufgebaut. Am Ende der sehr gelungenen Stunde, während der das Mädchen eine deutlich größere Anforderung in puncto Planung und Konzentration bewältigt hatte, als durch das bisherige Reiten ( meine Stute übrigens auch...) fragte mich die Mutter, ob ich denn den Betrag, den ich für den Einsatz des Pferdes berechne, heute dann auch haben wolle. Ihre Tochter sei ja nicht geritten...

Ist also das Gerittenwerden, das "Benutztwerden" der einzige und wahre Zweck eines Pferdes? Wenn ich nicht reite, bezahle ich nicht dafür?

Das Pferd hat eine etwas seltsame Rolle in der Welt der domestizierten Tiere. Es ist kein Haustier, wie Hund oder Katze, die für viele von uns eher Familienmitglieder als "nur" Tiere sind. Pferde hingegen begleiten nicht unseren Alltag, sondern stehen im Stall oder im besseren Fall auf der Koppel und "warten" bis wir uns mit ihnen beschäftigen.
Sie sind aber auch ganz klar keine Nutztiere, wie zum Beispiel Kühe oder Schweine, und jeder Pferdefreund würde wahrscheinlich eher pikiert reagieren, böte man ihm Pferd zum Abendessen. Was aber sind sie denn nun?
Die Ideen, die man so im Stall antrifft sind vielfältig. Von der oben erwähnten "Reitbenutzung" bis zum " Ach, die brauchen uns doch gar nicht, ich glaube, wenn wir nix mit ihnen machen, sind sie auch nicht unglücklich". Stimmt wahrscheinlich, aber was das über meine Arbeitseinstellung aussagt, erklärt sich wohl von selbst. Wie soll denn das Pferd merken, dass ich gerne mit ihm arbeite, wenn ich im Grunde unterstelle, dass es doch lieber woanders wäre? Diese Haltung schadet dem Pferd bestimmt nicht unmittelbar, ich finde es allerdings schade, ihm von vornherein die Möglichkeit zu nehmen, freudig mitzuarbeiten.
Ich möchte hier nicht einfach meine Einstellung zum besten geben, sondern dazu ermuntern, sich zu überlegen, ob das Pferd nicht mehr verdient hat, als nur Reittier oder uninteressierter Zwangsarbeiter zu sein und nicht vielleicht stattdessen zu einem Freund werden kann, dem wir zugestehen, dass er Launen und Stimmungen hat und der durchaus die Zeit mit uns genießen kann. Das schließt natürlich ein, dass wir die Arbeit abwechslungsreich und spannend gestalten und die Bedürfnisse unserer Pferde beachten. Und vor allem, ihnen zu ermöglichen, ihre Persönlichkeit auszubilden und zu zeigen. Meiner Meinung nach ist da nicht sehr viel Unterschied zum Umgang mit anderen Menschen. Echtes Interesse wird gespürt und führt zu Nähe.
Im Falle eines Pferdes stehen wir allerdings noch vor der Schwierigkeit, dass es zunächst eine, vor allem im Gegensatz zum Hund, reduzierte Mimik zeigt. Besonders Freude und Spass sind nicht so leicht zu erkennen. Viel schneller hingegen das Unmutsgesicht mit angelegten Ohren. Hier bedarf es eines großen Einfühlungsvermögens, um die differenzierte Mimik der Pferde zu erkennen, richtig zu deuten und so ihre vielfältigen Charaktere würdigen zu können.

Das ist ein Prozess, der durchaus auch Konfrontation und Frustration beeinhaltet, der aber dem Pferd eine eigene Rolle ermöglicht, die über oben genannte hinausgeht, und jedes Einzelne in seiner Individualität zeigt.  
Und wenn ich sehe, wie meine Mädels nach der Arbeit am Zaun stehen bleiben, oder zu mir kommen (meistens zumindest :)...) wenn ich auf die Koppel komme, dann kann ich hier nur eine Lanze brechen für mehr Offenheit und echtem Interesse im Umgang mit diesen großartigen Tieren.

Dienstag, 19. März 2013

Ein wirklich kurzes Wort zum Thema Instinkte...

Neulich bei der Freiarbeit....






Zur Erläuterung: Die graue Stute kennt die Plane in und auswendig, geht darüber, drunter und bearbeitet sie mit den Hufen und was man sonst noch so damit anstellen kann. Der clevere Plan war, der anderen Stute in Gesellschaft eines „alten Hasen“ die Plane schmackhaft zu machen. Schlau gedacht, schlecht gemacht. Die Damen Pferde drehten den Spieß um, und mein alter Hase war noch schneller weg als der Neuling... :)
Zu ihrer und meiner Ehrenrettung muss man sagen, dass der Paddock seit Wochen zur größten Huckelpiste Brandenburgs gefroren war und sie nur äußerst vorsichtig herumeiern konnten. Da kam ein kleiner Schreck wohl ganz gelegen...
Aber, auch wenn ich echt lachen musste über die davonrasenden und schnurstracks zurückkehrenden Damen, hat mir diese kleine Einheit doch eindrücklich in Erinnerung gerufen, dass das Pferd als Flucht-und Herdentier in Schrecksituationen sehr schnell unkontrolliert regieren kann und sich im Zweifel doch auch mal am flüchtenden Kollegen orientiert und dann erst den Kopf anschaltet. Und das trotz intensiven Schrecktrainings... Mann!

Sonntag, 17. März 2013

Verfallsdatum erreicht?

Nein, es geht nicht um Joghurt, sondern um eine Äußerung, die mir vor kurzem begegnete:

„Nach zwei Jahren müsse man in der Therapie die Pferde ja austauschen, dann würden sie aggressiv. Das sei ja bekannt. "

Das wirklich Erschreckende an dieser Aussage war die Überzeugung, dass es sich tatsächlich so verhält. Ähnlich wie Bremsbeläge, die verschleißen auch und müssen regelmäßig gewechselt werden. Klar, oder?

Ich denke, deutlicher kann man eigentlich nicht machen, dass man Pferde als Gebrauchsgegenstände betrachtet. Es ist  nicht meine Aufgabe, Menschen allgemein davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, sich für die Persönlichkeit jedes einzelnen Pferdes zu öffnen, aber ich möchte ganz klar festestellen:
Diese Einstellung hat in der Therapie nichts verloren!
Therapeut, Therapietier und Patient bilden ein System, innerhalb dessen sich jeder gegenseitig beeinflusst. Ziel ist ein wie auch immer geartetes Wachsen und Gesunden. Wie soll das funktionieren, wenn ein Teil des Systems permanent so überfordert wird, dass es sich irgendwann nur noch durch Aggression zu helfen weiß?

Wir bauen in der Tiergestütztes Therapie auf die fast schon magische Wirkung von Tieren auf unser emotionales Gleichgewicht. Ein Tier, das dermaßen unter seiner Arbeit leidet, dass es nach zwei Jahren „ersetzt“ werden muss, kann diesen Anspruch keinesfalls erfüllen.

Die Rolle des Therapeuten als Verantwortlichen für das Wohlergehen seines Pferdes wurde an anderer Stelle mehrfach erwähnt. Therapeut und Pferd sollten eine Einheit bilden, die in ihrer Gesamtheit zur Bereicherung des Therapiesettings führt. Ein Therapeut, der nicht in der Lage ist, das Unbehagen seines Pferdes zu erkennen, oder schlimmer noch, es ignoriert, handelt nicht nur äußerst fragwürdig, was sein Selbstverständnis als Therapeut angeht, sondern auch die Gewährleistung der Sicherheit betreffend. Wann kommt denn der Punkt, an dem ein Pferd sich zum ersten Mal aggressiv verhält? Bahnt er sich an? Oder ist er nach zwei Jahren automatisch gekommen, wie die oben erwähnte Dame es so schön ausdrückte? Verfallsdatum abgelaufen...

Noch einmal: Seriöse Tiergestützte Therapie fußt auf dem Tier als Stütze, wie der Name schon sagt. Es muss im Interesse eines jeden Therapeuten liegen, diese Stütze so stark wie nur möglich zu machen und zu halten, sonst bricht sein ganzes Konzept zusammen.
Wir müssen uns klar machen, dass wir wirklich viel von unseren Pferden verlangen, wenn wir intensiv mit ihnen arbeiten. Nicht jedes ist dafür geeignet und jedes hat seine eigene Belastungsgrenze. Sie brauchen einen Ausgleich und Motivation.
Es ist unsere Aufgabe durch sensible und durchdachte individuell gestaltete Arbeit das Pferd in seiner Persönlichkeit so zu stärken, dass es seinen anspruchsvollen Job auch bewältigen kann. Oder, wenn klar zu erkennen ist, dass ein Pferd eben nicht geeignet dafür ist, eine andere Aufgabe für es zu finden, statt so lange weiterzumachen, bis gar nichts mehr geht, und das Pferd aggressiv werden muss. Das hat mit guter Tiergestützter Therapie nichts mehr zu tun.

Donnerstag, 14. März 2013

Ausrüstung - Kappzaum

Diese Artikelserie ist der Ausrüstung der Pferde gewidmet. Aus der fast unüberschaubaren Vielzahl von Produkten das passende auszuwählen, ist nicht immer leicht und ziemlich schnell sammelt sich ein eigener kleiner Reitsportausstatter im Keller an. So geht es jedenfalls mir. Ich verfüge mittlerweile über viermal so viel Gebisse wie Pferde : )
Wer möchte, kann sich hier meine Erfahrungen mit einzelnen Produkten durchlesen, meine Favoriten kennenlernen und vielleicht so einige Ausrüstungsleichen vermeiden... Viel Spaß!

  

1. Der Kappzaum



Der Kappzaum ist für meine Arbeit mittlerweile unentbehrlich geworden. Aus der Fülle von Modellen haben sich meiner Ansicht nach diese zwei als besonders sinnvoll erwiesen.

Zum  gymnastizierenden Longieren verwende ich einen Kappzaum mit deutlich gepolstertem Naseneisen. Nach diversen Versuchen mit verschiedenen Modellen empfand ich meine Einwirkung damit am präzisenten und meine Pferde reagieren sehr schön darauf.
Besonders wer in der feinen Hilfengebung beim Longieren noch nicht sehr geübt ist, sollte ein weich gepolstertes Modell wählen, auch wenn es klobiger und schwerer erscheint als spanische oder französische Modelle.

Für die Arbeit mit Patienten benutze ich einen Kappzaum, der einen schlichten Ledernasenriemen ohne Eisen oder Kette hat. Zum Longieren oder für die Handarbeit ist mir die Einwirkung zu schwammig, aber für die Therapie ist er gerade richtig. Ich ziehe einen weichen Kappzaum dem Halfter jederzeit vor. Erstens sitzt er sicherer, und ich kann flexibler zwischen nahem Führen und Longieren oder Führen auf Entfernung wechseln, ohne dass er verrutscht. Zweitens kann ich Zügel einschnallen, wenn ein Kind soweit ist, kurze Strecken frei zu reiten. Die Wirkung auf die Nase ist so mild, dass ich bestimmten Kindern diesen Zugewinn an Selbstständigkeit zugestehen kann, ohne um das Maul meines Pferdes zu fürchten, wie es bei einem Gebiss der Fall wäre.

Wichtig beim Kappzaum ist die korrekte Verschnallung. Da er recht fest verschnallt wird, muss er an der richtigen Stelle sitzen. Dazu sollte der Nasenriemen ca 2 cm unter dem Jochbein liegen.  Wenn er tiefer verschnallt ist, drückt er auf die Nasentrompete und behindert die Atmung. Zu hoch drückt er auf das Jochbein.


Dienstag, 12. März 2013

Schrecktraining

Das Schrecktraining ist ein essentieller Punkt in der Therapiepferdeausbildung. Jeder, der schon mal auf einem Pferd saß, das fest davon überzeugt war, der am Wegesrand aufgehäufte Holzstapel werde es anfallen, sobald es sich ihm nähert, wird verstehen, warum.
Im Schrecktraining geht es darum, dem Pferd die Angst vor unbekannten Gegenständen zu nehmen. Wir konfrontieren es mit Planen, Klappersäcken, Bällen, die über seinen Rücken fliegen und ähnlich gruseligen Dingen. Natürlich ist ein Ziel, es an all diese Gegenstände zu gewöhnen um erstens dieses Material in der Therapie einsetzen zu können, zweitens aber auch, um zu verhindern, dass es über den Hof schießt, weil ein Regentag ist und die Kinder mit Schirm und flatternder Regenkleidung  kommen.
Durchdachtes Schrecktraining kann aber noch viel mehr.  Wenn wir es richtig anstellen, trägt es stark zur Beziehungsbildung zwischen Therapeut und Pferd bei und es stärkt das Pferd insgesamt in seiner Persönlichkeit. Je öfter es gelernt hat, dass es Situationen, in denen sein erster Impuls Flucht gewesen wäre, durchaus auch dann überlebt, wenn es sich das Objekt erst mal anschaut, desto entspannter und neugieriger kann es seiner Umwelt begegnen. Und Neugierde ist etwas, das wir uns für die Therapie wünschen! Ein neugieriges Pferd hat Interesse an der Arbeit und wendet sich uns zu, meistens entsteht daraus Freude an der Arbeit.
Außerdem wird es mit der Zeit feststellen, dass sein Mensch es zwar fordert, aber nur in dem Maße, in dem es diese Forderungen auch erfüllen kann. Bewältigte Anforderungen stärken das Selbstbewusstsein, das ist bei Pferde nicht anders als bei uns Menschen.
Um das zu erreichen, müssen wir den Aufbau gut durchdenken und an das jeweilige Pferd anpassen. Gelungenes Schrecktraining hat nichts damit zu tun, das Pferd mitsamt dem beänstigenden Ding in die Halle zu sperren und mal zu gucken, was passiert...


Ich arbeite mit neuen Gegenständen am liebsten frei, das heißt, das Pferd trägt kein Halfter und kann sich erst mal so positionieren, wie es ihm am liebsten ist. Die ersten Stunden sollten von der Herausforderung so gewählt sein, dass das Pferd sich schnell von selbst nähert, also nicht gleich platzende Luftballons und flatternde Planen. Sobald es Kontakt zu unserem Übungsobjekt sucht, wird es gelobt. Schon einen Blick hin zum Objekt werte ich als erstes Interesse und lobe ihn. Bei einem ängstlichen Pferd wäre mir ein Blickkontakt in der ersten Stunde völlig ausreichend. Wichtig ist aber, dass das Pferd nicht einfach in einer entfernten Ecke der Halle steht und sich weigert, Notitz von dem Gegenstand zu nehmen. Dann ist er zu gruselig und unser Ziel, die Neugierde wachsen zu lassen, verfehlt.
In dem Moment, indem das Pferd allerdings merkt, dass ein Hinwenden und Untersuchen erschreckender Dinge belohnt wird, wird es von Mal zu Mal mutiger werden.
Der Vorteil eines freien Schrecktrainings liegt darin, dass das Pferd sich aus eigenem Antrieb nähert und ich als Bezugsperson entspannt in der Nähe stehe. Habe ich das Pferd am Strick ist meistens die Anspannung bei mir höher, denn ich rechne mit einem Sprung, oder ich gehe zögerlich, weil das Pferd vielleicht stehen bleibt und vorsichtig wird. Ist das Pferd frei, kann ich mich locker um das Objekt herumbewegen, ich kann einfach nur stehenbleiben, oder ihn meinerseits interessiert untersuchen um die Neugierde meines Pferdes zu wecken. In dem Moment, indem das Pferd sich aus freiem Willen dafür entscheidet, unsere Gegenstände anzusehen, zu beschnuppern oder mit Maul und Hufen zu bearbeiten, hat es aktiv seine Angst überwunden und ist uns nicht nur gehorsam gefolgt. Es lernt mit der Zeit immer mehr, dass Situationen, die wir ihm anbieten, nicht gefährlich sind und erst mal anschauen sich lohnt. Das hat für sein Selbstbewusstsein und die weitere Arbeit enorme Folgen. Meine Pferde sind mittlerweile so weit, dass sie, sobald ich in der Kiste mit Material krame, mir gespannt über die Schulter gucken, in Erwartung neuer Spielereien.
Das Hauptziel des Schrecktrainings liegt für mich im Aufbau einer neuen Verknüpfung, nämlich von "Unbekanntes-Flucht" zu "Unbekanntes-Belohnung" zu gelangen.






Auf die Therapie bezogen, sei nochmal deutlich erwähnt, wie wichtig auch bei einem mutigen,  entspannten Pferd die Konfrontation mit dem Material ist. Selbstverständlich ist es nicht möglich, alle Eventualitäten trocken durchzuspielen, doch zumindest sämtliche in der Therapie eingesetzten Gegenstände sollten die Pferde kennen.  Ich werde nie vergessen, wie meine Stute, die sehr wenig aus der Ruhe bringt, und die, wenn sie ein fehlgegangener Ball am Kopf trifft, kurz die Ohren schüttelt und dann ihr Leckerli verlangt, mich sehr überraschte, indem sie sich von Seifenblasen ziemlich aus der Fassung bringen ließ.

Seien Sie fantasievoll in der Wahl des Materials und nutzen Sie die Chance,
die Schrecktraining für Ihre Arbeit und die Beziehung zu Ihrem Pferd bietet! Viel Spaß beim Ausprobieren...