Seltsamer
Titel? Vielleicht. Wahrscheinlich wird jeder, der seine Zeit mit Pferden
verbringt, das freiwillig tun, und zwar, weil er sich zu ihnen hingezogen
fühlt, also eine positive Einstellung zu Pferden hat. Seltsamer Titel!
Neulich
in der Reitstunde...
Eins
meiner Mädels, die Pferde sehr gerne mag, und auch schon recht gut mit ihnen
umzugehen versteht, führte nach der Stunde ihr Pferd aus der Halle und weil es
etwas geschwitzt hatte, legte ich eine Decke auf. Daraufhin die Kleine: " Wird sie nochmal benutzt?" Ich
etwas verwirrt " Was meinst Du, die Decke? Die benutzen wir nur für Joy,
das ist ihre Decke". "Nein,
wird Joy nochmal benutzt?"
Ich
weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde den Gedanken, dass wir Pferde
"benutzen" nicht sehr ansprechend. Bitte denken Sie kurz darüber
nach, wie es Ihnen geht, wenn Sie sich "benutzt" fühlen. Ich
unterstelle, nicht sehr gut.
Diese
spontane Formulierung eines pferdeliebenden Mädchens halte ich für wert, ein
paar Gedanken anzustoßen. Interessanterweise kam das Thema in der gleichen
Woche nochmal auf, wie das ja immer so ist, mit Dingen, denen wir
Aufmerksamkeit schenken.
Ich
hatte mit einem Therapiekind eine Stunde als Führtaining, statt wie sonst
Reiten aufgebaut. Am Ende der sehr gelungenen Stunde, während der das Mädchen
eine deutlich größere Anforderung in puncto Planung und Konzentration bewältigt
hatte, als durch das bisherige Reiten ( meine Stute übrigens auch...) fragte
mich die Mutter, ob ich denn den Betrag, den ich für den Einsatz des Pferdes
berechne, heute dann auch haben wolle. Ihre Tochter sei ja nicht geritten...
Ist
also das Gerittenwerden, das "Benutztwerden" der einzige und wahre
Zweck eines Pferdes? Wenn ich nicht reite, bezahle ich nicht dafür?
Das
Pferd hat eine etwas seltsame Rolle in der Welt der domestizierten Tiere. Es
ist kein Haustier, wie Hund oder Katze, die für viele von uns eher Familienmitglieder
als "nur" Tiere sind. Pferde hingegen begleiten nicht unseren Alltag,
sondern stehen im Stall oder im besseren Fall auf der Koppel und
"warten" bis wir uns mit ihnen beschäftigen.
Sie
sind aber auch ganz klar keine Nutztiere, wie zum Beispiel Kühe oder Schweine,
und jeder Pferdefreund würde wahrscheinlich eher pikiert reagieren, böte man
ihm Pferd zum Abendessen. Was aber sind sie denn nun?
Die
Ideen, die man so im Stall antrifft sind vielfältig. Von der oben erwähnten
"Reitbenutzung" bis zum " Ach, die brauchen uns doch gar nicht,
ich glaube, wenn wir nix mit ihnen machen, sind sie auch nicht
unglücklich". Stimmt wahrscheinlich, aber was das über meine
Arbeitseinstellung aussagt, erklärt sich wohl von selbst. Wie soll denn das
Pferd merken, dass ich gerne mit ihm arbeite, wenn ich im Grunde unterstelle,
dass es doch lieber woanders wäre? Diese Haltung schadet dem Pferd bestimmt
nicht unmittelbar, ich finde es allerdings schade, ihm von vornherein die
Möglichkeit zu nehmen, freudig mitzuarbeiten.
Ich
möchte hier nicht einfach meine Einstellung zum besten geben, sondern dazu
ermuntern, sich zu überlegen, ob das Pferd nicht mehr verdient hat, als nur
Reittier oder uninteressierter Zwangsarbeiter zu sein und nicht vielleicht
stattdessen zu einem Freund werden kann, dem wir zugestehen, dass er Launen und
Stimmungen hat und der durchaus die Zeit mit uns genießen kann. Das schließt
natürlich ein, dass wir die Arbeit abwechslungsreich und spannend gestalten und
die Bedürfnisse unserer Pferde beachten. Und vor allem, ihnen zu ermöglichen,
ihre Persönlichkeit auszubilden und zu zeigen. Meiner Meinung nach ist da nicht
sehr viel Unterschied zum Umgang mit anderen Menschen. Echtes Interesse wird
gespürt und führt zu Nähe.
Im
Falle eines Pferdes stehen wir allerdings noch vor der Schwierigkeit, dass es
zunächst eine, vor allem im Gegensatz zum Hund, reduzierte Mimik zeigt.
Besonders Freude und Spass sind nicht so leicht zu erkennen. Viel schneller
hingegen das Unmutsgesicht mit angelegten Ohren. Hier bedarf es eines großen
Einfühlungsvermögens, um die differenzierte Mimik der Pferde zu erkennen, richtig
zu deuten und so ihre vielfältigen Charaktere würdigen zu können.
Das
ist ein Prozess, der durchaus auch Konfrontation und Frustration beeinhaltet,
der aber dem Pferd eine eigene Rolle ermöglicht, die über oben genannte
hinausgeht, und jedes Einzelne in seiner Individualität zeigt.
Und
wenn ich sehe, wie meine Mädels nach der Arbeit am Zaun stehen bleiben, oder zu
mir kommen (meistens zumindest :)...) wenn ich auf die Koppel komme, dann kann
ich hier nur eine Lanze brechen für mehr Offenheit und echtem Interesse im
Umgang mit diesen großartigen Tieren.
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